Komplexe fachübergreifende – gerade öffentliche – Sachverhalte erfordern vielschichtige Instrumentarien in der Gestaltung und Beratung der Eigentümer, Entwickler und Investoren. Oder auch gefragt: Was ist juristische Projektbegleitung?
Die Arbeit von Projektentwicklern, Investoren und Unternehmern sowie der Exekutive findet immer mehr in der Öffentlichkeit statt. Zum einen wird gepostet, zum anderen getwittert, der Artikel der PR-Abteilung selbst wird zur Ware, wird in den sozialen Medien „gedreht“. Unmittelbar erhält der Mieter, Eigentümer, Architekt, Stadtentwickler, Politiker, Bürger ungefiltert Informationen. Nicht nur die politischen Reaktionen müssen schnell sein, schneller als der demokratische Prozess eine Abwägung und Konsensfindung erfordert.
In dieser Zeit ist die Quellinformation, der abgewogene Denkprozess und die sorgfältige Umsetzung eines oft von der „Meinungsmache“ aller Couleur getriebenen politischen Willens wichtiger denn je. Arbeitsprozesse müssen sich der Komplexität der Herausforderungen der Zeit 4.0 anpassen. Eine Herausforderung für die Berater! Es zeichnen sich zwei Hauptwege ab. Einerseits können immer wiederkehrende Sachverhalte standardisiert, andererseits in der Zusammenarbeit verschiedenster Berufsgruppen individuell verortet werden. Das „legal Engineering“ ist die enge Verzahnung von Recht und Informatik. Voraussetzungen dafür, dass sich juristische Sachverhalte technisch erfassen lassen, sind standardisierbare, einfach zu beweisende Sachverhaltsmerkmale sowohl auf der Tatbestands- als auch auf der Rechtsfolgenseite.
Im Gegenzug dazu stehen komplexe Sachverhalte, die besonderer Arbeits– und Kommunikationstechniken seitens der beratenden Zunft bedürfen. Es ist notwendig, aus all den Informationen und Quellen sowie den Interessen und Emotionen einen quellreinen Sachverhalt zu bilden. Dazu müssen alle Vorwürfe ruhig und sachlich analysiert und geprüft und ihnen sachliche Argumente entgegengestellt werden. Zudem müssen die unterschiedlichen Standpunkte aller am Prozess Beteiligten gegeneinander abgewogen werden. Unabdingbar dafür ist das Wissen um öffentlich-rechtliche Genehmigungs- Verfahrens- und Beteiligungsverfahren sowie die Kenntnis der Projektrealisierung selbst, die als höchst komplexer Prozess neben der umfassenden rechtlichen Beratung vor allem einer moderierenden Begleitung bedürfen. Hier findet sich der „spezialisierte Generalist“ in der juristischen Projektsteuerung – oder Begleitung neben den anderen Berufsgruppen, die einer Spezialisierung bedürfen ein, sei es der Architekt, der Kommunalbeamte, der Bauherr oder der Anwalt. Kreativität und Expertise sind mehr denn je gefragt.
Das neue spannende Feld des urbanen Wohnens als Umsetzung des politischen Willens der Verdichtung in den Zentren der Städte soll als Beispiel für die Notwendigkeit der Feinsteuerung von privaten und/oder öffentlichen Immobilienvorhaben dienen. Im Lichte der öffentlichen Kommunikation erfordert die Steuerung mehr denn je eine fachlich geprägte Begleitung mit Expertise und Fingerspitzengefühl. Hier öffnet sich das Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit der Gestaltung der vom Gesetzgeber gewünschten Verdichtung unter Beachtung des selbstbestimmten Planungsrechts der satzungsgebenden Gemeinde, gegenüber den Interessen der Investoren und dem Willen der betroffenen Bürger.
Zum Handling solcher Gemengelagen muss der „spezialisierte Generalist“ heute die PR – Tools und die mediale Welt kennen und rechtzeitig einbinden oder zumindest rechtzeitig Hintergrundgespräche mit den Journalisten und Autoren führen können. Er muss die Abläufe in der Verwaltung ebenso kennen, wie die Gesetzeslage, den politischen Willen der verschiedenen Ebenen sowie das Verhalten und die Vorgehensweise des kaufmännisch geprägten Immobilienbauers. Darüber hinaus ist es heute unabdingbar, den „Wutbürger“ ebenso wie den betroffenen argumentativ gut aufgestellten mündigen Bewohner eines Quartiers in dem Prozess mitzunehmen.