Immobilienwirtschaft und Stadtgestaltung
Wohn – und Infrastrukturfragen können auf Grundlage unter Weiterentwicklung der geltenden rechtlichen Instrumentarien mit steuerrechtlichen Befreiungstatbeständen zur Eigentumsbildung auf breiter Front gelöst werden. Eine Momentaufnahme und ein Plädoyer für die Aufgabenteilung in der sozialmarktwirschaftlichen Ordnung zwischen Politik und Wirtschaft und gegen hektischen Aktionismus.
Aus aktuellem wohnungs- und infrastrukturellem Anlass stellen wir uns erneut die Frage, was der Gesetzgeber tun muss und lassen sollte. Es geht in der liberalen Demokratie ständig um das Gleichgewicht zwischen Gemeinwohl und individueller Verantwortung. Konkret erleben wir die Herausforderungen in den wachsenden Städten mit den gesamten infrastrukturellen Handlungsbedarfen: Wohnen, Verkehr, Grün/Ausgleich, Kitas, Schulen, Krankenhäuser und Pflegeheime. Was können Kommunen tun, was sind ihre Handlungsgrundlagen? Rechtlich sind die Rahmenbedingungen in unserer föderalen Republik definiert. Das Grundgesetz regelt die Zuständigkeiten des staatlichen Handelns zwischen Bund, Land und Kommune. Nach Art 28 Abs. 2 des Grundgesetzes kommt der Kommune dabei ein Selbstbestimmungsrecht zu, indem sie auf dem eigenen Territorium alleinig hoheitlich zuständig für die Regelung ihrer eigenen Angelegenheiten ist. Dazu gehört auch die finanzielle Eigenverantwortung.
Der Stadtrat hat dafür satzungsgebende –nicht gesetzgebende- Gewalt. Das bedeutet, die Stadträte beschließen für das kommunale eigene Territorium die Ausweisung der Bauleitplanung und des Haushaltswesens und weiterer ihnen zugewiesenen Aufgaben. Dabei ist der Haushalt durch 90 % Pflicht- oder übertragenen Aufgaben verplant für wie die Sicherstellung der sozialen Infrastruktur, so beispielhaft Straßenbau, Abfallwirtschaft, Strom, ÖPNV, Jugendhilfe, Brandschutz, Ordnungsdienst. Die Sicherstellung von Wohnraum zählt nicht dazu. Mindestens 400 T Wohnungen fehlen. Zuletzt haben Berlin und Hamburg Immobilien beschlagnahmt, um Flüchtlinge unterzubringen. Dabei kann es nicht so weit gehen, dass der Allgemeinheit das personalisierte Eigenbedarf Kündigungsrecht zusteht. Bleibt das fachliche und rechtliche Zusammenspiel zum Besten der Stadtgesellschaft zwischen der kommunalen Politik mit der Wirtschaft.
Der betroffene Wirtschaftszweig ist ebenda die Bau- und Immobilienwirtschaft. Sie leistet einen in der Zivilgesellschaft wegen der Ware Immobilie als „flüssig Gold“ argwöhnisch beäugten, aber nicht weg diskutierbaren großen Beitrag in unserer Gesellschaft. Neben Wohn- und Arbeitsraum stellt sie die gesamte soziale Infrastruktur und Verkehrsinfrastruktur für die Menschen zur Verfügung. Durch sogenannte Erschließungsverträge wird die Herstellung von Straßen und Wegen dem Bauwilligen übertragen, der die Infrastruktur nach Fertigstellung der Kommune ins kommunale Eigentum zur Bewirtschaftung überträgt. Die wirtschaftliche Bedeutung kommt darin zum Ausdruck, dass der Anteil der Immobilien – und Bauwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt auf 15 bis 20% eingeschätzt wird.
Die Analyse ist getan: So wie sich der Handel radikal verändert müssen Kommune, Eigentümer und Mieter besonders in den Citylagen völlig neu denken. Kleine feine Flächen top ausgestattet mit High-Speed Internet werden den großflächigen Einzelhandel ablösen. Der großflächige Handel wiederum benötigt Individualinfrastruktur eben nicht (nur) auf der grünen Wiese, sondern innenstadtnah auf ehemaligen Industrieflächen. Das Wohnen darf wegen der erforderlichen Vielfalt nicht aus den Städten verschwinden, die Städte dürfen aus stadtklimatischen Notwendigkeiten nicht völlig versiegelt werden. Noch mehr Mieter drohen wegen der Ansprüche an das flexible „Micro Living“ aus den Innenstädten gänzlich zu verschwinden; es drohen öde Monokulturen. Eine Plattform wie Airbnb ist mittlerweile nicht nur Vermieterplattform, sondern verändert durch die Nutzungsänderungen neben der satzungsgebenden auch die dritte Gewalt, die Rechtsprechung. Ferienwohnungen müssen rechtlich neu definiert und in wohnungspolitischen Handlungsstrategien handlungsleitend strategisch geregelt werden.
Die Lösungsansätze sind da. Die Kommune muss die privaten Investitionen nutzen durch reale, machbare und sozial verträgliche rechtliche Rahmenbedingungen für die Eigentümer. Die Verwaltung und die Politik muss dabei aber akzeptieren, dass die Immobilienwirtschaft mit der Schaffung von Raum für Menschen auch Geld verdienen muss. Im Baurecht können zusammen mit den Ländern die strengeren Vorschriften auch in Befreiungen gelockert werden. Planungsrechtlich ist bereits das sog. urbane Gebiet als neue Mischnutzung implementiert, sodass Störungen zwischen Wohnen und Gewerbe wie sozialer Infrastruktur gemildert sind. In anderen europäischen Ländern gibt es den deutlich weitergehenden Umgebungsplan, wonach gemeinsam die Ziele der Umgebung definiert werden und dann gemeinsam entwickelt wird. Mutige Kommunen nutzen die vorhandenen Möglichkeiten zur Aufweitung bereits.
Sowie die Kommune mit den bauleitplanungrechtlichen Instrumentarien Rahmenbedingungen für preiswertes Wohnen schaffen kann, so kann sie aber nur begrenzt die viel zu hohen Nebenkosten des Wohnens eingreifen. Allein 6.5 % des Kaufpreises kommen an Steuern zum Kaufpreis. Die Befreiung von der Grunderwerbssteuer wie die Abzugsfähigkeit von Kaufnebenkosten verbilligen das Bauen. Standardaufgaben seitens der Notare, Rechtsanwälte und Architekten wie weiterer Dienstleister werden mehr und mehr digitalisiert abgewickelt, Monopolstellungen durch Gebührenordnungen abgeschafft.
Maklerprovisionen auf andere Zahler zu verschieben wie Mietpreisbremsen einzuziehen, verlagert nur die Kosten, dezimiert sie aber nicht. Die digitalen Möglichkeiten haben den klassischen Makler bereits überflüssig gemacht, das regelt der Markt schnell. So wie der digitale Genehmigungscode dann auch kommen wird!
Leipzig, nach 26.08.2017 aktualisiert